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Robin Pecknold ist zurück mit dem 4. Studio Album der Fleet Foxes. Der Titel Shore bereitet uns schon vor, auf ein Album das Sonnenschein, Wärme und einen endlosen Horizont ausstrahlt. Schöne Aussichten in Zeiten der Einschränkungen und Sperrstunden.
Walking on a (wet) dream
Und was der Titel verspricht hält das Album auch. Bereits mit dem Opener Wading in Waist-High Water (wo eher untypisch für den Musik-Egomanen Pecknold auch mal jemand anderes einige Zeilen singen darf – die Sängerin Uwade Akhere), schwappt uns das Album angenehm warm um den Bauch. Und weiter geht es passend mit Sunblind. Auch dieser Song vermittelt ein Gefühl der Wärme und den Wunsch nach Freiheit. Und so geht es dann auch weiter. Ein wonniges Gefühl vermitteln so im Großen und Ganzen alle Lieder auf dem Album. Die Stimmung bleibt konstant positiv, vielleicht leicht melancholisch. Bei den Instrumenten wurde auch nicht viel experimentiert. Hier und da mal sehr schöne Piano-Passagen und ein paar Bläser sind die instrumentalen Highlights. Sonst ist es meist die Gitarre bzw. die E-Gitarre die uns mitnimmt und immer weiter hinein trägt in das Album. Beim Durchhören kommt man mit der Zeit in eine leichte Trance. Die Fadeouts der Songs sind langgezogen und ein Lied geht fließend(!) über in das Nächste. Allerdings geht das damit einher, dass beim Durchhören kein Lied heraussticht. Da alles ein Brei zu sein scheint.
Die Songs einzeln vermögen es auf den ersten Blick nicht so ganz mich abzuholen und mitzunehmen auf eine Reise ans Meer. Und ein Aushängeschuld (also einen richtigen Bänger) mag ich schon immer gern bei Alben. Aber bei Shore suche ich diesen Aufhänger vergebens. Doch Pecknold kann das, wie er bei Helplessness Blues gezeigt hat.
Schuster bleib bei deinen…
Allerding muss ich Pecknold zu Gute halten, dass er sich und seiner Musik treu geblieben ist. Schon bei seinem ersten Album durchbrach er den neu aufkommenden experimentierfreudigen Psychedelic Folk von Bands wie Panda Bear, Animal Collective und Caribou. Erfrischend altbekannt bleibt sein Folk. Auch verirrt er sich thematisch nicht in andere Gefilde. So wie es zum Beispiel Sufjan Stevens bei seinem aktuellen Album in Richtung Politik macht. Er bleibt wie jeher. Dementsprechend vermittelt er uns auch eine altbekannte Wonne mit diesem Album. Eine Projektion von einem Leben vor der Pandemie. Ein Leben, dass mir so sorgenbefreit und einfach vorkommt. Doch neige ich vielleicht dazu diese Zeit bereits jetzt etwas über zu romantisieren.
Kurzer Abstecher
Noch etwas kommt in mir auf wenn ich mir das Album anhöre. Insbesondere bei dem Closer Shore. Hier schwappt doch viel Melancholie mit:
I remember walking shoulders hours speaking
I remember meeting Clementine and weeping
I remember Prine I remember you
After word of Berman I remember Pfeiffer burning
I remember hoping I’d remember nothing
Now I only hope I’m holding onto something
Mich versetzt dieser Song doch sehr in eine Videospiel-Welt. Und zwar in das von Hideo Kojima erschaffende Universum in Death Stranding. Bare with me a second…
(SPOILER) In Death Stranding existiert ein sogenannter „Beach“ dieser Ort ist eine Art Limbo, weder Himmel noch Hölle, eine Zwischenwelt. Diese wird im Spiel wunderschön dargestellt, eben als ein Strand. Jeder Mensch hat seine eigene Version dieses Strandes, zu dem er/sie geht wenn das irdische Leben vermeintlich vorbei ist. Das ist für mich eine wunderschöne Metapher, die den Strand zu etwas mystischen macht. Einerseits der Schritt ins Wasser, also eine Reise ins ungewisse, was kommt danach? Und andererseits der Strand als Grenze zwischen Welten. Wagt man sie zu übertreten? Was ist die Konsequenz?
Beim Nachdenken darüber verliere ich mich und es baut sich in mir eine Spannung auf die schwer erklärbar ist. Anyway … So schafft es allem zum Trotz vielleicht dann ja doch ein Lied mich auf eine Reise mitzunehmen. Zwar eine Reise die ich nicht erwartet hatte, jedoch eine die ich sehr genossen habe.
Musikromantiker, Computerspiel-Enthusiast und trotzdem manchmal auch im Freien anzutreffen.