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Keine Angst vor Liebe und Dämonen! Kali Uchis hat ihr zweites Album auf den Markt gebracht und geht dabei neue Wege.
2018 machte die mittlerweile 26-Jährige mit ihrem Debüt-Album Isolation auf sich aufmerksam. Im Schatten von Tyler, the Creator aufgestiegen, sehnten sich Fans nach neuem Stoff der US-Amerikanerin – der ist jetzt in etwas anderer Form gekommen: Sin Miedo (del Amor y Otros Demonios) ist ein spanisch-englisches Album und eine Hommage an ihre kolumbianischen Wurzeln. Dementsprechend anders, neu und doch vertraut klingt die Platte.
Lass uns träumen
Schon auf Isolation ließ Uchis mit ihrem RnB träumen. Sin Miedo geht einen Schritt weiter, wir bekommen Latin-Pop, Reggaeton und überraschend starke Gesangsleistungen. Das Musik-Jahr 2020 hat schon für viele Hits und Überraschungen gesorgt, einen stärkeren Opener wie la luna enamorada muss man aber suchen. Ein Lied, das jeden Regisseur einer lateinamerikanischen (Gangster-)Serie als Intro-Sound dienen könnte – ein Track bei dem man den Sonnenuntergang Bogotas vor sich sehen kann. Ein Vibe der sich durch das 13 Songs umfassende, 34 Minuten lange Album durchzieht. Wie sehr Kali Uchis in den vergangenen beiden Jahren an ihrem Gesang arbeitete, hört man gleich im zweiten Track des Albums fue mejor. Glasklare Kopfstimme, eine Lässigkeit in den Strophen und eine Leichtigkeit im allgemeinen. Es wäre ein fantastisches Lied, wenn ihr Feature-Partner PARTYNEXTDOOR ansatzweise die Stimmung Uchis mitgehen könnte.
Große Töne kommen regelmäßig, richtig große Balladen im 40er Jahre-Stil wie que te pedi fallen leider etwas zu kurz aus und geben daher nur einen kleinen Teaser auf Uchis Möglichkeiten in diesem Genre. Das alles ist neu und wurde im Zusammenhang mit den bisherigen Veröffentlichungen von Kali Uchis so noch nicht gehört. Reggaeton-Nummern wie Te Pongo Mal mit Jowell & Randy reihen sich auch ein in diese neuen Klänge der Sängerin. Keine schlechte Sache, im Kontext des Albums funktionieren sie tatsächlich trotz des deutlichen stilistischen Unterschieds.
Tyler bleibt immer da
Umgekehrt gibt es aber auch genügend Sound, den man schon kennt und den man – wenn man Isolation mochte – auch gerne wieder hört. Bei Quiero Sentirme Bien und telepatia hört man den Einfluss ihres Entdeckers Tyler, the Creator am besten, vor allem bei Letzterem ist der Sprung zu Tylers Flowerboy nur ein kleiner. Dafür gibt es aber auch wieder richtig harte und gelungene (Latin-)Trap Nummern wie die Kollaboration mit Rico Nasty in aqui yo mando.
Dass Kali Uchis hauptsächlich auf spanisch singt, mag den ein oder anderen Hörer verschrecken, darf aber. um ehrlich zu sein, keine Auswirkungen auf den Genuss dieses Albums haben. Uchis bedient verschiedene Genres, hat auch auf ihrer zweiten Platte ihren eigenen Sound durchgezogen und sich auch weiterentwickelt. Einziges Problem von Sin Miedo ist die vergleichsweise kurze Länge und der ein oder andere Fehlgriff in der Feature-Auswahl.
Kali Uchis bedient hier ihre kolumbianischen Wurzeln und gibt sich der Musik Lateinamerikas hin, indem sie die verschiedenen Musikarten mit ihrem RnB und Soul mischt. Man bekommt eine Platte mit Reggae, Salsa und Bossa Nova, wie dem Closer angel sin cielo. Natürlich birgt so ein deutlicher Bruch – allein wegen des Sprachenwechsels – für Mainstream-Erfolge in englischsprachigen Teilen der Welt eine gewisse Gefahr. Kali Uchis geht dieses Risiko –sofern sie es überhaupt als solches sieht – bewusst ein und scheut sich auch nicht davor zurück, neues auszuprobieren. Die Singles im Vorfeld von Sin Miedo ließen tatsächlich auf einen anderen Sound schließen –schlussendlich kam ein hervorragender Mix aus den diversen Facetten der Künstlerin heraus.
Früher Sängerknabe, heute zwischen Fußball, Football und viel Musik. Im Herzen immer Punker.