© Arista Records / Sony
Es soll immer wieder vorkommen, dass unerwartet ein musikalisches Schmankerl um die Ecke biegt, von dessen Existenz man noch nichts wusste. a liquid breakfast ist so ein Ding.
Audrey Nuna? Noch nie von ihr gehört. Die 22-Jährige Amerikanerin mit koreanischen Wurzeln zählt noch nicht zum Mainstream – schon gar nicht in Europa. Mit ihrem Debüt-Mixtape a liquid breakfast schlägt sie jetzt aber laut und deutlich auf. Rap und R&B treffen auf Pop und Trap. Schon im vergangenen Jahr konnte Tkay Maidza mit ihrer EP Last Year Was Weird, Vol 2 auf ähnliche Art und Weise begeistern und für Furore sorgen. Der Vergleich liegt auf der Hand, auch Audrey Nuna kann zwischen technisch hervorragend vorgetragenen Bars und ruhigen Gesangs-Passagen ohne Probleme hin und her wechseln.
Im Schrank entstanden
Zehn Songs für 26 Minuten stellen also das Debüt dar. Es wird gespittet, gesungen – mal in die Fresse, mal ganz ruhig. Natürlich ist a liquid breakfast auch ein Pandemie-Album:
“Es ist ein Zeichen meines Erwachsenwerdens. Der Soundtrack meines Umzugs von der Vorstadt in die Stadt und wieder zurück. Ich war ein Kind als ich mit dem Schreiben für das Album begann. Das bin ich immer noch, aber es gab sicherlich eine Entwicklung von Pikachu zu Raichu im Laufe des Projekts. Ich hoffe, ich bleibe für immer ein Kind”.
Audrey Nuna über a liquid breakfast
Aufgenommen wurde hauptsächlich im Schrank, nackt und verschwitzt, wie sie zugibt. Im den Opener Typical schnalzt sie in bester Drop it like it’s hot–Manier und schlängelt sich durch den reduzierten Beat mit Sprechgesang, ehe sie im Refrain zum Angriff übergeht: RIP to your blonde lady / In her all-white tee, yeah, it’s all so typical / FI FEE can you smile for me / In your all-white teeth, and it’s all so typical.
Auf Comic Sans bekommt sie von Jack Harlow Unterstützung, der im vergangenen Jahr selbst zu den angesagtesten neuen Rappern aufstieg. Die Kollaboration gelingt, beide ergänzen sich gut, Audrey kann wieder ihre Vielseitigkeit präsentieren. Ähnlich gelungen ist auch das zweite Feature des Projekts: Top Again teilt sie sich mit Saba, der wie gewohnt seinen Beitrag zu einem gelungenen Song abliefert. Hier wird’s ein wenig oldschool, hier darf der Bass und die Synthis gut hörbar sein. Audrey singt hauptsächlich, zeigt ihre kräftige Stimme, Saba sein Können mit verschiedenen Tempo-Wechseln.
Verdammt richtig!
Schwächen findet man auf a liquid breakfast nicht. damn right darf als Banger bezeichnet werden, der Audreys Mix aus Rap und Gesang wohl am besten präsentiert. Zwischenzeitlich artikuliert sie ähnlich wie Matt Champion, was ihr auch steht. Cool Kids dürfte für Menschen mit Schlangenphobie eher zum Skipper mutieren, die langgezogenen S-Laute im Refrain erinnern unweigerlich an die Kriechtiere. Der Beat ist dafür allererste Klasse.
In Get Luv dürfen auch diverse Stimmeffekte Einklang finden, sie unterstützen eine durchaus sich ins Ohr festbeißende Melodie. Baby Blues handelt zwar von Herbsttagen, erinnert aber mehr an Sommer und die Leichtigkeit die in der Luft liegt.
Je weiter man im Album kommt, desto mehr wird gesungen. Auch dadurch kommt der Vergleich zu Tkay Maidza zu Stande, die ihrerseits dasselbe Konzept verfolgte. Space und der Closer Long Year dürfen sich vielleicht nicht das Prädikat einer Adele-Ballade auf die Fahne schreiben, bestechen aber durch ihre perfekt abgemischte Schlichtheit.
Der erste Schritt
Wer auf Rap, R&B und Pop steht, kommt um dieses Werk nicht herum. Einziger Makel stellt die verhältnismäßig kurze Länge der Platte dar. Alles andere bildet ein starkes Erstlingswerk einer sehr talentierten jungen Künstlerin.
Früher Sängerknabe, heute zwischen Fußball, Football und viel Musik. Im Herzen immer Punker.