© Green Berlin
Es wird wieder Zeit für Party. Marteria will auf seinem zehnten Studioalbum 5. Dimension den Corona-Blues endgültig ablegen und Mukke zum Feiern anbieten. Eine weitere Reise durch die Nacht mit Hansa Rostocks berühmtesten Fan.
BACKGROUND
Vier Jahre nach dem letzten Studioalbum als Marteria Roswell, meldet sich der Rapper mit 5. Dimension zurück. Wie so oft in Marterias Karriere, gab das Reisen den Ausschlag für seine musikalische Kreativität. Als das Coronavirus sich aus China rund um den Globus verteilte, tingelte er gerade durch die Welt – von Südamerika nach Asien und wieder zurück. Schlussendlich wurde Marteria auf Barbados sesshaft, wo er sich dem Stoff seines neuen Albums widmete. Ein Album der Nacht, für die Nachteulen, mit allen Eskapaden, Abstürzen oder Feierorgien.
PRODUCTION
Wie immer, wenn Marteria sich ins Studio begibt, stehen ihm The Krauts zur Seite. Sie sind weiterhin fester Bestandteil seiner Musik und auch dafür zuständig, dass der typische Marteria-Sound auch elf Jahre nach seinem endgültigen Durchbruch Zum Glück in die Zukunft noch so klingt, wie es die Fans von ihm erwarten. Neben dem Produzten-Duo setzt Marteria auf 5. Dimension aber auch auf DJ Koze und Siriusmo, um die Klänge der Nacht und Clubs besonders authentisch wiedergeben zu können. Dadurch kann der letzte Gedanke, dass es sich bei diesem neuen Album um eine weitere Fortsetzung der ZGidz-Reihe handelt, ad acta gelegt werden. Die Techno- und Elektroelemente übernehmen. Vor allem Beats von DJ Koze können sich hören lassen.
REVIEW
Ein Rap-Album und wir verzichten auf den Lyric-Teil? Ja. Tatsächlich wiederholen sich die Themen dieses Albums sehr stark und drehen sich mehr oder weniger immer um die gleichen Dinge: Drogen, Euphorie, Party, Afterparty, Absturz…alles was dazu gehört. Deshalb werden wir einzelne Zeilen nur in der Track-Review behandeln.
Der Party-Abend startet mit Niemand bringt den Marten um. Wie so häufig in seiner Musik starten Synthi-Streicher, ein Beat den man von Marteria schon kennt. Zweck des Titels: Zu betonen, dass niemand den Marten umbringt und seine Mutter Lara Croft bzw. sein Vater Indiana Jones ist. Fans wird dieser Track abholen, alle anderen werden mit den Schultern zucken. Den ersten Club-Beat bekommen wir schon im zweiten Track Love, Peace & Happiness. Unterstützung holt sich Marteria vom Elektro-Pop-Duo Ätna und seinem alten Weggefährten Yasha. Letzteren hört man nur dezent, Ätna hingegen sehr prominent im Aufbau zur Hook. Wir bringen dich dahin, wo’s am besten ist / Sind wieder mal auf der Jagd nach Happiness / Love, peace and happiness – lyrisch nicht sonderlich beeindruckend, dafür musikalisch zumindest was Anderes. Marteria gönnt sich nicht die volle House-Dröhnung, sondern wählt einen dezenten Ansatz für den Beginn dieses Abenteuers.
Dann – erster Auftritt von DJ Koze: Bedeutet auch, dass die Beats noch mal spannender werden. Marteria recycelt wieder ein paar alte Lines aus seinen älteren Werken, bleibt stimmungstechnisch aber sehr im Hintergrund. Nachdem er aber schon in der Hook die 303 und 808 anbetet, macht es nur Sinn, den Instrumentals das Rampenlicht zu lassen. DJ Koze bleibt dann auch gleich da, schon im nächsten Track Loft & Liebe bastelt er zusammen mit den Krauts einen weiteren minimalistischen Beat. Obligatorisch muss Miss Platnum auch vorbeischauen und ein Typ Namens Hacki berichtet von den Eskapaden der vergangenen Nacht. An dieser Stelle sei vielleicht erwähnt, dass ich das Konzept hinter Marterias 5. Dimension verstehe, ich aber nicht sicher bin, für wen er diese Musik gemacht hat. Im Club wird man so einen Track wie Loft & Liebe in dieser Ur-Form nur schwer spielen können, da fegt man die Tanzfläche leer. Außerhalb eines Nachtclubs kann man dem Song das ein oder andere abgewinnen, man wird aber auch nicht übermäßig oft dahin zurückkehren. Außer man steht auf Hacki.
Marilyn wäre gerne ein Track aus der Zum Glück in die Zukunft-Ära. Ein Song der den alten Marteria hervorholt, zudem noch im Duo mit Yasha. The Krauts und Siriusmo haben Marteria den Sound gebastelt, der an seine 2010er Jahre erinnert. Tut nicht weh, geht ins Ohr – ein wenig Nostalgie. Textlich – ja halt Marteria. Halogenlichter und Frauennamen. Auf Traffic geben sich wieder The Krauts du Siriusmo die Hand. Trap, Elektro und Marteria der sich dadurch zum Staccato-Rap animiert fühlt. Hier wird wohl ein Trip simuliert, es geht um Acid und die Erkenntnis, dass man nur einmal lebt. Insgesamt ein Track der in der richtigen Stimmung zum Banger werden kann.
Zug der Erkenntnis hat einen fantastisch futuristischen DJ Koze-Beat zu bieten, stinkt aber vor allem in der Hook massiv ab. Der Spagat den Marteria hier schaffen will, scheitert. Ein Versuch auf Kraftwerk zu machen, der aber schon im Ansatz scheitert. Der Beat und die Strophen können sich immerhin hören lassen. Wieder melodiöser begegnet uns Marteria in Strandkind – Marteria scheint nicht ganz aus seiner Haut herauszukommen, immer wieder kehrt er zu den für ihn typischen Sound zurück. Wir werden zu einer Strandparty mit allem was dazugehört eingeladen. Alkohol, Drogen und Sonne. Kann im kommenden Sommer zum Hit werden.
Der wohl persönlichste Track des Albums ist Neonwest. Marteria beschreibt seine ersten Begegnungen mit West-Deutschland und West-Berlin. Durch den Beat von den Krauts und DJ Koze bekommt man auch ein Gefühl von Berlin und dessen Lichter und Stimmung. Der zwanghafte Versuch noch futuristischer und grenzwertiger klingen zu wollen, verhindert ein vollkommen passende Hook. Der Song hat seine eigenes Tempo, hat musikalisch einiges zu bieten, Orgeln, Breaks und einen Vibe, den man bekommt wenn’s bald weder hell wird.
Auf Interstellar bedienen sich die Krauts ziemlich offensichtlich an Rihannas We Found Love. Die Instrumentals des Themas gleichen sich fast auf den Ton genau. Marteria und Yasha machen ihr Ding – wirklich großen Hype wird man hier nicht auslösen können. Bevor es endgültig nach Hause geht, kommt noch ein wenig Minimal herein. DMT gibt sich mysteriös und geht in einer kathartischen zweiten Strophe auf, die man mit einem Sonnenaufgang vergleichen kann: Mit dir war alles schön.
Zum Samariter wird Marteria schließlich noch in 6:30 (Good Night). Hier wird es endgültig Zeit den Heimweg anzutreten und weil das nicht jeder aus den diversen vorgetragenen partyeskatiösen Gründen alleine schafft, bringt Marteria einen offenbar ziemlich fertigen Partybesucher nach Hause. Mit heißerer Stimme – wohl um auch zu zeigen, wie hart die Nacht war – beschreibt er den Heimweg. Ein gelungenes Ende für die 5. Dimension.
FAZIT
Marteria versuchte auf seinem neuen Album die alten Wege zu verlassen und sich nicht mehr stur seiner bisherigen Art des Raps zu verschreiben. Das gelingt ihm leider nicht durchgängig genug. Auch wenn der Wille da war, fallen viele der Tracks sehr ab, schaffen es nicht eine Tiefe aufzubauen, damit man sich an die Tracks erinnert. Einige Songs sind echte Krepierer, kommen nicht vom Fleck oder haben eine Hook, die man so schnell wie möglich aus seinem Gedächtnis löschen möchte. Aber nicht alles ist schlecht. Fans werden es mögen, Hörer:Innen die noch wenig in Berührung mit seiner Musik kamen, vor allem an seinen Singles Gefallen finden. Die erste Seite der Platte hat mehr Mainstream-Highlights zu bieten, hinten raus versucht er sich hauptsächlich an dem neuen Sound. Insgesamt durchschnittlich. Für die 5. Dimension gibt’s deshalb 2,5/5 Pandriods.
vFrüher Sängerknabe, heute zwischen Fußball, Football und viel Musik. Im Herzen immer Punker.