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DURAN DURAN – FUTURE PAST

© BMG

Die Renaissance der 80er tut vor allem jenen gut, die in ebendiesem Zeitalter zu den großen Stars gehörten. Duran Duran sind so eine Band: Zunächst höchsterfolgreich, folgte in den kommenden Jahrzehnten der stetige Abstieg und die Tatsache, dass ihr Sound einfach nicht in den jeweiligen Zeitgeist passte. Mit ihrem fünfzehnten Studioalbum Future Past schlägt das Pendel jetzt wieder in ihre Richtung.

BACKGROUND

Seit 1978 beglücken Duran Duran die Musikszene. Als treibende Kraft der Second British Invasion der 80er Jahre in den USA, stiegen sie zu einer der größten Pop-Bands dieser legendären Dekade auf. Der Abstieg folgte wenig später. Die Synthis zogen in den 90ern nicht mehr so ganz, die Band wechselte einige Mitglieder aus und produzierte unter anderem Alben wie Thank You, das vom britischen Magazin Q zum schlechtesten Album aller Zeiten gekürt wurde. Seit einigen Jahren haben sich die vier bekanntesten Mitglieder wieder zusammengefunden und auch wieder neue Musik geschrieben. Future Past entstand jetzt – sechs Jahre nach dem letzten Album Paper Gods. Der Sound hat sich nicht geändert, sie bleiben sich treu. Synthis sind 2021 wieder sehr angesagt, die Renaissance der 80er kommt ihnen sehr entgegen.

PRODUCTION

Klotzen, nicht kleckern. Der britische DJ Erol Alkan produzierte neun der zwölf Songs und konnte den Sound von Duran Duran einen ordentliche Portion Schärfe mitgeben. Dass die Band es noch einmal wissen will, zeigt die Tatsache, dass man sich mit Mark Ronson einen der angesagtesten Produzenten mit ann Board holen konnte. Die Zusammenarbeit mit Giorgio Moroder hat zudem nicht nur nostalgischen Wert, sondern tut dem Tanzwert einzelner Nummern hörbar gut. Weil die Band bekanntlich ohne fixen Gitarrist besetzt ist, schnappten sie sich Graham Coxon als Chefklimperer. Coxon ist seines Zeichens Gründungsmitglied der britischen 90er-Sensationsband Blur.

REVIEW

Zwölf Songs, 51 Minuten und der Start mit Invinsible. Schon die ersten Millisekunden lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sich Duran Duran weiterhin den 80ern verschrieben hat. Kein Wunder, das Album heißt Future Past, das hört man. Die Synthis quellen hervor, das elektronisch-verspielte drängt alles andere in den Hintergrund, wenn man die Gitarre von Coxon und vor allem den Bass nicht unterschätzen darf. Ein funkiger Einstieg, solide, wenn auch ohne großes Abhängigkeitsgefühl im Refrain. Das kommt dafür schon wenig später zum Einsatz: All Of You baut sich als Funk- und Disko-Titel auf, der Refrain zündet richtig, die Gitarre von Coxon kann man als perfekt integriert betiteln. Spannend ja auch, dass Sänger Simon Le Bon immer noch exakt gleich klingt, wie auf den Aufnahmen der 80ern. Ein beachtenswerter Track, der definitiv Lust auf mehr macht.

Give It All Up klaut Ariana Grandes “Ah-Ah-Ah-Ah-Ah” aus Save Your Tears. Die schwedische Sängerin Tove Lo macht mit und sorgt für eine spannede Strophe, kann dem etwas schwer in die Gänge kommen wollenden Refrain aber auch nicht weiterhelfen. Duran Duran ist hier mysteriöser als auf den erste zwei Liedern, der große Funke an Euphorie will in diesen fünf Minuten aber nicht überspringen. Solide, aber nicht außergewöhnlich. Die Band feiert sich anschließend mit Anniversary und ordentlich Percussion bzw. einem härteren Riff, das sich wenig später in verträumten Synthis auflöst. Ja, die Band feiert über 40 Jahre Bühnenpräsenz und macht das auch angemessen. Der Refrain geht massiv ins Ohr, steht ein wenig im Kontrast zu den Strophen, was aber nicht schlecht tut. Hier wird richtig galoppiert.

Der titelgebende Song Future Past versteht sich als große Synthi-Ballade und erfüllt sein Vorhaben. Es passiert nicht viel, außer, dass Le Bon sich die Seele aus dem Leib singt. Hintenraus wieder Coxon mit einem Gitarrensolo, das das Lied ins 21. Jahrhundert hieven möchte. Ganz geht sich das aber nicht aus, die 80er gewinnen den internen Kampf. Dann erster Auftritt von Moroder in Beautiful Lies und wir bekommen für ihn typischen Sound. Die Synthis dröhnen, der Sound gibt sich mysteriöser und dramatischer als er eigentlich ist. Über Tonight United muss man keine großen Worte verlieren, höchstens dass Moroder hier einen Beitrag zum Eurovision Song Contest schreiben wollte. Bis auf die Bass-Passagen ein austauschbarer Song. Meh. Wieder schwermütiger und ernster wird die Band auf Wings, einer weiteren Ballade, die sich mit 5:19 Minuten auch ordentlich Zeit gibt, sich dahin zu entwickeln, wo Duran Duran hinkommen wollen. Ein absolutes Highlight dieser Platte, der Aufbau und die Umsetzung können sich hören lassen. Nothing Less führt diese starke Phase des Albums weiter. Hier passt alles, die Synthis, der Bass, die Gitarre, die in einem Wildwest-Streifen vorkommen könnte, die Melodie. Es rauscht, es wird sich bedankt, es wird wieder dahingeritten.

Die letzten drei Songs haben allesamt Features parat. Hammerhead begehen sie gemeinsam mit Ivorian Doll, wieder viel Funk und anständige Chöre im Refrain. Ivorian Doll kann sich hervorragend einbauen, ihre Rapstrophe passt auf die Instrumentals – eine sehr runde Sache. Anders bei More Joy! Hier geht die japanische Frauen-Rockband Chai etwas unter, vor allem wenn man diesen stereotypischen Japansound hört. Retrospielmusik muss wirklich nicht sein. Am Ende wartet noch ein weiteres Highlight auf die Hörer:innen. Falling mit Mike Garson, dem Haus- und Hofpianisten von David Bowie. Knapp sechs Minuten purer Genuss, viele Ebenen, viel Groove, wie eine Jam-Session arbeiten sich die Musiker an einzelnen Passagen ab. Nichts an diesem Song ist altbacken, eher stellt er den Beweis dar, dass Duran Duran tatsächlich noch nach über 40 gemeinsamen Jahren ihren Sound weiterentwickeln können.

FAZIT

Ganz ehrlich, damit habe ich nicht gerechnet. Normalerweise sind 80er-Bands in sich gefangen und versuchen den Weltruhm mit den bekannten Mitteln wiederzuerreichen. Duran Duran bilden hier keine Ausnahme, auch sie bleiben ihrem Sound treu. Allerdings schaffen sie den Sprung und den Zeitgeist zu treffen. Hie und da hätte noch ein wenig mehr Experiment nicht geschadet und den klassischen roten Faden findet man auf Future Past auch nicht. Dennoch – gerade die Hereinnahme von Coxon als Gitarrist, hat sich als absoluter Königstransfer herausgestellt. Er gibt der Musik noch eine tiefere Ebene. Eine der Überraschungen des Jahres.

4/5 Pandroids (schwache 8/10)

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