© Columbia / Sony
Genre: Deutschrap/Cloud-Pop uvm.
Wien ist anders und manchmal eben doch nicht. Verifizierts Sound ist untypisch unwienerisch – nie grantig, sondern extrem leicht und positiv. Das Debütalbum versprüht also sehr angenehme Stimmungen.
BACKGROUND
Verifiziert kommt aus Wien, ist 1996 geboren und macht seit vier Jahren Musik – zumindest veröffentlicht sie seit Ende 2019 ihre Songs. Golf 4 stellte den Startpunkt dar, ehe 2020 die erste EP Sonntag 17:00 folgte. 2021 schoss sie mit 40100 die zweite Platte nach. Die Karriere nahm weiter Fahrt auf, FM4 kürte Veri im November 21 zum Soundpark Act des Monats. Mit Lady Boba veröffentlichte sie im vergangenen Jahr für uns den Sommerhit des Jahres und sie konnte sich damit auf Platz 43 unserer Jahrescharts platzieren.
Jetzt ist das erste und langersehnte Album erschienen: adhs, ein bewusst gewählter Titel, da die Künstlerin an Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung leidet und sie darauf aufmerksam machen möchte, dass auch junge erwachsene Frauen an dieser Krankheit leiden können. Erst Anfang 2022 bekam Veri ihre Diagnose. Ihr Sound ist davon unbeeinflusst – weiterhin gibt’s den von ihr selbstbezeichneten und typischen Cloud-Pop, der mit verschiedenen Einflüssen aus Cloud Rap, Lo-Fi, R&B und ein wenig Reggaeton aufschlägt. 15 Tracks – 36 Minuten.
REVIEW
Autos, Gaming, Liebe und ein bisschen Herzschmerz – trotzdem scheint die Unbekümmertheit des Lebens die zentrale Rolle in den Texten Verifizierts zu spielen. Produziert wurde das Album von einem Team aus Skyfarmer, Food For Thought, Alex The Flipper, Florida Juicy, Hardy X und Marcel Heym. Der titelgebende Track dauert gerade einmal 78 Sekunden, erinnert nicht nur wegen der Dauer sondern auch wegen des Sounds an UKs Garage und Bed-Pop-Darling Pinkpantheress.
Aber ja, die Fahrt mit dem Auto ist vermutlich das zentralste Thema des Albums. Der Opener Suzuki Swift verrät es schon im Titel, Veri dreht das Radio auf Max und fühlt sich federleicht. Auch als Hörer kann man ähnliches spüren – die Stimmung, neudeutsch – der Vibe – ist komplett entspannt. Verifizieret präsentiert ihren typischen laidback Sound, dem man sich nicht entziehen kann und schon gar nicht möchte. Cloud-Pop vom allerfeinsten, mit eingängigem Beat und ein paar aufgeweckten Synthis.
Nicht angeschnallt setzt das Auto-Thema fort – er holt Veri ab, weil er sich so allein fühlt. Ähnlich wie im Opener raunen die Synthis verträumt im Hintergrund, während Veri unaufgeregt aber durchaus mit Nachdruck ihre Geschichte besingt. Schöner kleiner Stimmungswechsel gegen Ende mit Fokus auf Gesang, ehe der Beat wieder mehr übernimmt. Nachdem sich Veri nicht angeschnallt hat kommt der folgende Song Crash ziemlich ungelegen – im übertragenen Sinn. Ansonsten ist das Lied nämlich auch wieder sehr fein, diesmal mit mehr Gitarre und Stimmverzerrern. Alles sehr fein, vielleicht auch ein bisschen kitschig, aber nicht übertrieben.
Veri fährt auch auf nassen Straßen, die sie gleich souverän abdriften kann als die trockenen Wege. Sie baut immer wieder feine Melodien auf, spricht selbst davon, dass sie auf dem Album nur Songs haben wollte, die bei ihr selbst Ohrwürmer auslösten. Dieser Track ist sicherlich einer davon und gleichzeitig auch einer, in der ein bisschen Charli XCX drin steckt.
Den größten Ohrwurm bekommt man mit One Call away <3. Hier ist man von Sekunde eins an in den Beat und Veris Melodie verliebt, freut sich und geht mit, wenn sie mehr Dynamik aufbaut und man nach vorne zieht. Sehr fein, nicht sonderlich kompliziert arrangiert, aber auch deshalb so ansteckend.
Außerdem hat sich Veri mit Kid Kapri und Longus Mongus zwei Gäste eingeladen. Mit ersterem seht sie sich nach Venedig, wenn sie ein bisschen lost durch die Gassen Wiens schwimmt. Sehr harmonisches Feature von vorne bis hinten, inklusive Instrumental, dass die Stimmung unterstützen kann. Zusammen mit Longus Mongus katert sich Veri nach einer durchzechten Nacht durch den Folgetag. Dieser Track wird keine Kopfschmerzen auslösen oder verstärken. Ich brauch nur Trash TV und sicherlich auch dich – ein wunderbarer Masterplan von Longus Mongus. Veri haut sich eine Magnesiumtablette in das Konterbier – auch perfekt.
Es ist unmöglich, schlechte Laune zu bekommen, wenn man Verifiziert hört. Sie transportiert ein ganz eigenes Stimmungslevel, man steigt gerne in ihre Karre ein und lässt sich überraschen, wo man dabei herauskommt. Ihre Musik ist vielfältig, gleichzeitig aber auch vertraut, ihre Texte sehr Coming of Age. Man kann mit Veri träumen und Fernweh haben oder auch einfach feiern. Adhs ist ein ziemlich cooles Album. Und Veri eine ziemlich coole Künstlerin.
7,4/10
Früher Sängerknabe, heute zwischen Fußball, Football und viel Musik. Im Herzen immer Punker.