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MYNTH – FOUR

© Assim Records

Genre: Elektro-Pop

Das Zwillings-Duo meldet sich nach über zwei Jahren Pause zurück: Mynth sind Giovanna und Mario Fartacek und haben mit Four das – no na – vierte Album ihrer Bandgeschichte veröffentlicht.

Seit 2014 machen die Zwillinge als Mynth Musik und konnten seitdem auch schon für einige Erfolge sorgen. 2017 konnten sie sich den Amadeus Music Award in der Kategorie „Electronic/Dance“ sichern und ihren charakteristischen Soundmix aus Pop, Elektronik und Trip-Hop einem breiten Publikum zugänglich machen.

Four wurde in wenigen Wochen aufgenommen und diente den beiden offenbar als Flucht vor dem Weltgeschehen. Die neun neuen Songs dauern etwas mehr als eine halbe Stunde und zeigene sich in bester melancholischer Manier. Wenn Mynth aufschlägt, wird es in erster Linie entspannt, in zweiter schließlich auch spannend. Die Tracks sind immer voller klug versteckten aber sehr passenden Kleinigkeiten, die unterm Strich eine sehr runde Sache herauskommen lassen.

Man kann mit ihnen träumen und sie dorthin begleiten, wo sie hin gehen. Sehr rasch findet man Gefallen an den Klängen und fühlt sich wohl, weil alles so vertraut und leicht daherkommt. Giovannas Stimme wärmt, während Marios Gitarre für den perfekt-wohligen Rahmen sorgt. Schon der Opener I Wanna Show You A Song beweist ihr Gespür für feine Melodien, die dennoch immer wieder von überraschenden Momenten unterbrochen werden, hier etwa durch die schrille E-Gitarre. Da kracht es ein bisschen, was insgesamt zu einem erfolgreichen Einstieg in die Platte führt.

Wandering, eine der Vorabsingles, kann nahtlos anknüpfen. Wir befinden uns vom Sound irgendwo zwischen Arlo Parks und Lorde. Anywhere I lost my mind on site singt Giovanna – dabei ist doch alles gut – wenn schon den Verstand verlieren, dann wenigstens in diesen Klanggebilden. Die feine Percussion treibt Cue of Time nach vorne, you better run wiederholt Giovanna und man ist geneigt sich zu weigern, weil es sich hier eben ganz gut aushalten lässt.

Schön auch, wie viel Zeit sich die beiden für ihre Lieder und Geschichten nehmen, jeder Song dauert mindestens zweieinhalb Minuten. Mystery wird seinem Namen gerecht, beginnt mit neuem Stimmungsbild, ändert sich zum Refrain dann doch wieder zu den hellen Klängen. Hier fällt der Hauptteil ein bisschen flach, ein bisschen zu einfach aus. Im folgenden One Day übernehmen schöne Echo-Chöre im Refrain, fein eingesetzt, während die Gitarre mit zerlegten Akkorden als Fundament für diese wolkige Atmosphäre dient.

Sehr viel passiert auf Remind Me Tomorrow – wobei man zunächst glauben könnte, dass sich das Lied der Ruhe verschrieben hat. Das Duo spielt gekonnt mit Dynamiken, bringt alle halben Minuten eine neue Klangfacette hinzu, wo man zwischendurch dann mal kurz glaubt, bei The XX gelandet zu sein. Giovanna geht die Sache bestimmt, aber nicht stürmisch an, die Riffs von Gitarre und Bass reißen kurz den Moment an sich, bis zum Schluss noch einmal die Mehrstimmigkeit erklingt. Spannende vier Minuten.

Verspielter geht es in La Pelosa weiter und man merkt, dass sie sich wirklich vom Alltagstrott befreien konnten. Sie halten uns bei guter Laune, versuchen mit Synthies, Bass, Gitarre und verschiedenen kurzen Chor-Sequenzen eine große Gelassenheit auszustrahlen, die durch den brummenden und pulsierenden Synthie gar ein bisschen nach 80ies klingt.

Das Herzstück von Four befindet sich fast am Ende: Meander ist mit knapp fünf Minuten nicht nur der längste Song des Albums, sondern auch der düsterste. Trotzdem bleibt die Spannung sehr hoch, es findet eine immer fortlaufende Entwicklung statt: einzelne Themenblöcke ziehen sich durch den Track durch, während um sie wieder andere Tonelemente hinzukommen. In diesem Fall das Schlagwerk zur Gitarre. Kurze Breaks und weiter geht es – aber immer sehr gemächlich. Dafür mit viel Gefühl.

Entgegen dem Namen, schließt Silence das Album mit wenig Stille. Zwar explodiert hier nicht viel, dafür findet Four einen wunderbar harmonischen Ausklang. Diese Platte eignet sich nicht für die große Eskalation, ist aber auch für ein fades Hintergrundplätschern vollkommen ungeeignet. Wer aber eine halbe Stunde der Welt entfliehen will, kann das Mynth problemlos machen.

7,3/10