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Was bist Du den für einer…(sic)

Kein Respekt vor n Alter. Ja, manchmal ist so ein YouTuber- Leben schon hart. Also, nein, eigentlich nicht. Der Titel und Beginn dieses Textes sind ein Zitat aus einem Kommentar, das unter meiner Review zum neuen Album der Rolling Stones Hackney Diamonds verfasst wurde. Meine Einschätzung der Platte der Altmeister hat mir ordentlich Kritik eingebracht. Entgegen der gängigen Meinung habe ich mit dem neuen Material relativ wenig anfangen können und das in knapp neun Minuten nach bestem Wissen und Gewissen begründen wollen. Gut die Hälfte der 43 Kommentare schätzte das Album anders ein. Richtig so! Musik kann und soll Gefühle auslösen – was beim Einen für Euphorie sorgt, kann beim Anderen gähnende Langeweile erzeugen.

Eigentlich hasse ich ja mein Hobby. Musik zu bewerten ist grundsätzlich einfach falsch, dessen bin ich mir bewusst. Eine respektvolle Ausdrucksweise in der Kritik steht daher immer an erster Stelle. Künstlerinnen und Künstler stecken viel Herzblut in ihre Arbeit, das sollte man immer berücksichtigen. Andererseits wird immer häufiger grausam seelenlose Musik auf den Markt geworfen, die nur zu monetären Zwecken existiert. Das muss man dann auch wieder adressieren.

Was mir wichtig ist – und warum diese Kolumne überhaupt geschrieben wird: Meine Meinung ist nicht bindend. Meine Meinung ist auch nicht richtig oder falsch. Meine Meinung ist bloß meine Meinung. Manchmal vielleicht ein bisschen zu nett, an anderen Stellen wieder zu hart – aber schlussendlich immer nur meine Gedankenwelt zu einem musikalischen Werk. Meine Meinung ist nicht absolut und macht ein Album weder besser noch schlechter. Und natürlich muss sich auch der Kritiker der Kritik stellen; wer austeilt, muss auch einstecken können. Das ist ein gesunder Kreislauf, der auf Augenhöhe zu vielen schönen Diskussionen führen kann. Spannend wird es vor allem dann, wenn Kritiken zu persönlich genommen werden.

Ich habe zum Beispiel auch das neue Album von Wincent Weiss dezent schlecht gefunden. Pop ohne Seele, ohne irgendeinen Aspekt der Spannung. Als Replik auf das Video kam unter anderem: Ich kotze, wer bist du und behalt deine Meinung für dich. Nicht ganz nette, aber eigentlich auch verständliche Worte. Weil – ich habe mich noch nie so richtig vorgestellt. In meinen 31 Jahren habe ich schon das ein oder andere musikalische Projekt mit gestalten dürfen. 13 Jahre bei den Wiltener Sängerknaben prägen den Zugang zur Musik ein Leben lang. Zehn Jahre Waldhorn und das Orchesterleben ebenso. Die Gitarre – ein jahrelanger Begleiter.

Wenn ich mir die gerade getippten Zeilen durchlese, klingt das alles viel mehr nach einer Rechtfertigung, als mir eigentlich lieb ist und bewirkt so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich sagen möchte: Ich glaube, der musikalische Hintergrund eines Kritikers sollte zwar gegeben sein, aber nicht an erster Stelle stehen. Es muss ja auch nicht jeder Klavierspieler einer x-beliebigen Band studierter Konzertpianist sein, damit man die Musik als gut bewertet, als legitim erachtet.

Im Zeitalter des Meinungsjournalismus und der sozialen Medien, wo ohnehin die Lautstärke und der effekthascherische Skandal über den Erfolg entscheidet, ist der nüchterne Ansatz fast unbeliebt. Ohne den nötigen Respekt zwischen den interagierenden Parteien (Künstler:innen – Kritiker – Fans) entsteht kein positives Miteinander. Das ist sehr schade, da so sehr viel Potential für Wachstum verbrannt wird. Ein Kritiker muss dennoch die Dinge ansprechen, die er gut oder schlecht empfunden hat – am besten klar und mit einer ordentlichen Begründung. Das ist scheiße, das hat mir nicht gefallen, weil ich den Sänger prinzipiell nicht mag ist keine Kritik, sondern kindliche Wichtigtuerei, von der niemand etwas hat.

Klar schieße ich auch übers Ziel hinaus, formuliere Dinge zu scharf und tappe selbst in die Falle der marktschreierischen Rolle. Kritiken sind immer subjektiv – egal mit welchem objektiven Farbton man sie anstreichen möchte. Kritiken richten sich auch nicht gegen Künstler:innen oder deren Fans. Kritiken sollen im besten Fall eine Hilfe geben, wenn man auf der Suche nach neuer Musik ist oder eben als Grundlage für eine Diskussion dienen. Kritisieren darf jeder. Kritisiert werden ebenso. Aja – ich habe natürlich Respekt vor dem Alter, Alter!