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PINKPANTHERESS – TO HELL WITH IT

© Parlophone Records

Wenn man von den Millionen Tanzvideos und fragwürdigem Datenschutz absieht, kann die Social Media-Plattform TikTok auch Perlen hervorbringen. PinkPantheress erlebt gerade einen kometenhaften Aufstieg, der vorläufig in ihrem Debütmixtape to hell with it gipfelt.

BACKGROUND

Bis vor wenigen Monaten kannte die Welt PinkPantheress noch nicht und auch jetzt ist noch nicht allzu viel über sie bekannt. Feststeht, dass die Musikerin 2001 in Barh, England geboren wurde und sich mit 17 Jahren erstmals dem Produzieren von Beats via GarageBand widmete. PinkPantheress studiert zudem Film, ist sich laut einem Interview mit Charli XCX aber nicht sicher, ob sie noch inskribiert ist – die vergangenen Wochen waren zu aufregend, um die Schulbank zu drücken. Ihr Aufstieg begann Januar dieses Jahres: Ihre Single Pain ging auf TikTok viral und erreichte Platz 35 der britischen Charts. Weitere Songs folgten, die nicht minder erfolgreich auf TikTok verwendet wurde. Parlophone Records und Elektra Rekords boten ihr einen Plattenvertrag an, den sie auch unterschrieb. Ende August brachte sie die Single Just for Me heraus, die auf Platz 27 chartete. Anfang Oktober verkündete sie die Veröffentlichung ihres Debüt-Mixtapes to hell with it, das jetzt erschienen ist. Viele Dinge wissen wir also immer noch nicht, mittlerweile zeigt sie sich aber schon in der Öffentlichkeit. Weiteres zu ihrem Hintergrund kann man im erwähnten Interview mit Charli XCX erfahren.

PRODUCTION

Wie für ein Mixtape üblich, bekommen Hörer:innen einen groben Überblick über die musikalischen Versuche der Künstlerin. PinkPantheress verschreibt sich der Pop-Musik, scheut aber nicht davor zurück, das Genre neu bzw. alt zu denken. Neualt wenn man so will. Sie selbst bezeichnet ihren Sound als „new nostalgic“, was man so auch unterschreiben kann. Viele schon totgeglaubte oder im Mainstream vergessene Genres feiern bei ihr und durch sie eine Rückkehr: 2-Step, Jungle oder UK-Garage im Allgemeinen. UK-Garage darf dabei nicht mit Garage-Rock oder dem US Ableger verwechselt werden, hierbei handelt es sich um ein vollkommen eigenständiges und anderes Genre bzw. eine andere Kunstform, die vor allem Ende der 90er und um die Jahrtausendwende ihren Höhepunkt erreichte. Oberflächlich würde man die Musik von PinkPantheress vermutlich als Mischung aus Hyperpop und Bedroom Pop mit vielen Dance-Elementen bezeichnen. Das wird ihr aber nicht gerecht, jeder einzelne der zehn Tracks besticht durch seine Einzigartigkeit.

Was auffällt: Die Dauer. PinkPantheress lässt es gut sein, wenn sie nicht mehr will. Vielleicht weiß sie an manchen Stellen nicht mehr weiter, vielleicht will sie ihre Lieder auch nicht länger ziehen als nötig. Jedenfalls dauert der längste Track von to hell with it magere 2:33 Minuten. Das ist schade, da sich gut die Hälfte der Songs eine weitere Strophe oder eine Bridge verdient hätten. Schlussendlich dauert das Mixtape 19 Minuten lang (oder kurz).

Als Produzentin tritt PinkPantheress teilweise ebenfalls selbst auf, Oscar Scheller (Rina Sawayama), Izco und Jkarri, Mura Masa, Nahome, Dill Aitchinson und Kairos Laferme sowieo Adam F haben aber ebenfalls ihre Finger im Spiel. Gut, Letzterer hat die Ursprungsversion von Break It Off geschrieben (Circles) und bekommt deshalb den Credit. Samples bilden den Grundbaustein für fast jeden Song. Trotz dieser vielen Persönlichkeiten, fällt to hell with it an keiner Stelle flach ab, die Produktion und der Sound erfolgt aus einem Guss. Dabei ist es auch vollkommen egal, welches Genre oder Subgenre gerade von PinkPantheress ausgewählt wurde – die Produktion ist immer am Punkt. Sie verzichtet darauf vollkommen durchzudrehen und abgespacte Dance-Mukke zu kreieren, sondern verschreibt sich immer einer wohltuenden Portion Harmonie. Mal surrealer, mal aufwendiger, mal reduzierter – aber nie langweilig.

REVIEW

Vieles wurde schon gesagt. Die Texte von PinkPantheress drehen sich um das Leben als Spät-Teenager und junge Frau in den frühen 20ern – beispielsweise, die Langeweile die sie als 19-Jährige verspürte, weil irgendwie nichts in die gewünschte Richtung lief. In Pain eröffnet sie auf einen Garage-Beat das Mixtape mit einer Erkenntnis gegenüber einem Exfreund, dass sie doch nicht so gut zusammengepasst haben, und lässt die Vermutung offen, dass der Schmerz eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre. Last Valentines bedient sich einem Sample von forgotten von Linkin Park, in dem sie auf dramatische Art und Weise beschreibt, wie sie von einem Ex-Freund betrogen wurde. Die von ihr beschriebene Leidenschaftslosigkeit in Passion kann man ihr auf diesem Mixtape nicht nachsagen. Alle Räder greifen ineinander, sie schafft einen interessanten Spagat zwischen Up-Tempo und Entspannung. Die Obsession die sie in Just for Me beschreibt, würde man ohne gezielt auf den Text zu hören nicht vermuten.

Man darf nicht vergessen, dass es sich bei to hell with it um ein Mixtape handelt – was in erster Linie ein wenig bitter ist. Nicht, weil es die Kriterien nicht erfüllen würde, sondern weil man sich dabei ertappt, das Werk mit einem Album zu vergleichen. Da würde man dann sagen, dass die kurze Dauer der Songs das größte Manko der Platte ist. So kommt man zwar zum selben Fazit, hat aber trotzdem Nachsicht. PinkPantheress gehört definitiv die Zukunft, sie wird zurecht schon als Ikone betitelt und zeigt auf ihrer ersten längeren Veröffentlichung enormes Potential. Sowohl im Songwriting, als auch in der Produktion. Pop-Musik kann in den kommenden Jahren genau so klingen. Ein Hauch von einer jungen Charli XCX liegt in der Luft. PinkPantheress wird weiterhin viral gehen und Ohrwürmer schreiben. Die spannendste Frage für die Zukunft wird aber lauten, ob sie es schafft, ihre Musik durchgängig in einem Album zu verpacken. Auf to hell with it würden sich einige Songs für eine „extended Version“ anbieten. Egal, 19 Minuten zum Feiern!

4/5 Pandroids

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